Blog | Die Welt verändern

10.05.2017
Hilde Stockhammer sitzt in ihrem Büro vor einem PC. Vor ihr liegen Akten und lose Blätter.

"Meine Arbeit besteht zu einem großen Teil aus Kommunikation darüber, wie Gleichstellung funktionieren kann", sagt Hilde Stockhammer.

Als Leiterin der Frauenabteilung und Gleichbehandlungsbeauftrage des Arbeitsmarktservice (AMS) setzt sich Hilde Stockhammer täglich für mehr Gerechtigkeit am Arbeitsmarkt ein.

Ihr bedeutet es viel das AMS und die Situation der Frauen auf dem Arbeitsmarkt ein Stück zum Besseren zu verändern. Während ihres Soziologie-Studiums arbeitete sie als Betreuerin in einer Wohngemeinschaft mit straffälligen Jugendlichen. Später war sie dort die Leiterin. Nach ihrem Umzug von Linz nach Wien war sie auch einmal drei Monate arbeitslos. Damals wurde ihr durch ein Akademiker*innen-Training des AMS, damals noch Arbeitsamt, eine Stelle bei der ersten Frauenministerin Johanna Dohnal vermittelt. Nach fünf Jahren kehrte sie zum AMS zurück – diesmal aus beruflichen Gründen.

Wie sieht Ihr Arbeitsalltag als Leiterin der Frauenabteilung beim AMS aus?

Hilde Stockhammer: Unsere Arbeit besteht zu einem großen Teil aus Kommunikation darüber, wie Gleichstellung funktionieren kann. Wir haben ein arbeitsmarktpolitisches Frauenprogramm entwickelt, Gleichstellungsziele definiert, sowohl was den Arbeitsmarkt betrifft, wie auch nach innen, weil ich gleichzeitig auch interne Gleichbehandlungsbeauftragte für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im AMS bin. Also mein Arbeitsalltag besteht aus Konzepte, Berichte schreiben, Daten analysieren, vielen Terminen, um unsere Ideen den anderen Fachabteilungen nahe zu bringen, oder mit ihnen zu verhandeln wie das in die Richtlinien des AMS einfließen kann. Außerdem organisieren wir viele Tagungen und stärken die Frauen in unserer Organisation.

Was gefällt Ihnen an Ihrem Job am meisten?

Am meisten gefällt mir, dass wir wirklich "die Welt" oder das AMS – je nachdem wie groß man das sieht – mitgestalten und verändern. Man muss auch immer auf neue Entwicklungen reagieren und andere Menschen von Ideen überzeugen. Mir gefällt auch, das was man im Büro für sich alleine tut - etwas zu lesen, zu analysieren oder zu beschreiben. Das tue ich auch ganz gern. Es ist der Mix, der es bunt macht.

Welche Maßnahmen finden Sie besonders wichtig, wenn man Gleichstellung in der Arbeitswelt umsetzen möchte?

Die Grundlage wäre natürlich, dass die andere Arbeit, nämlich die unbezahlte Arbeit, anders verteilt wird. Nämlich dass sie nicht einseitig bei den Frauen lastet und die bezahlte Arbeit eher bei den Männern ist, sondern dass die Familienarbeit gut geteilt wird. Das ist die Voraussetzung, dass Frauen und Männer am Arbeitsmarkt entsprechend aktiv sein können. Eine ganz wichtige Bedingung für die Frauenerwerbstätigkeit ist, dass es flächendeckend ausreichend Kinderbetreuung gibt. Das sind die Rahmenbedingungen mit denen wir uns beschäftigen. Am Arbeitsmarkt geht es darum Frauen zu unterstützen, dass sie die gleichen Möglichkeiten bei der Ausbildung und im Fall von Arbeitslosigkeit haben. Wir haben die Vorgabe, dass wir 50 Prozent des Förderbudgets für Frauen ausgeben müssen. Das bewirkt natürlich einiges.

Hilde Stockhammer schaut frontal in die Kamera. Sie trägt ein blaues Sakko.

Damit eine Frau erfolgreich sein kann, braucht es auch gute Rahmenbedingungen, die es Frauen erlauben, eine Familie neben dem Job zu haben, ist Hilde Stockhammer überzeugt.

Was sind die Ursachen dafür, dass es immer noch ungleiche Chancen bei Ausbildungen und Jobsuche gibt?

Der Hauptgrund liegt, glaube ich, wirklich in dieser Zuschreibung "Frauenarbeit" und "Männerarbeit". Frauenarbeit ist entweder unbezahlt oder in Branchen, wo schlechter bezahlt wird. Es sind stereotype Rollenzuschreibungen, die in den Köpfen bestehen, auch seitens der Unternehmen. Ein gutes Beispiel dafür ist das Thema Frauen in technischen Berufen. Unternehmen sagen oft, dass sie Fachkräfte suchen und natürlich Frauen nehmen würden. Sie sagen oft, dass Frauen das Arbeitsklima verändern und wenn sie sich solche Berufe zutrauen, sind die Frauen in der Regel total gut, denn sonst gehen sie gar nicht in diese Bereiche. Aber wehe die erste Frau bekommt dann ein Kind und sagt sie fällt jetzt für ein paar Monate aus oder sie will dann nicht in Vollzeit wieder einsteigen, sondern mit ein paar Stunden weniger. Dann ist es mit dem Enthusiasmus schon wieder vorbei. Das sind Rahmenbedingungen, die sich einfach ändern müssen.

Welche Maßnahmen gibt es da konkret?

Zum einen gibt es eine Unternehmensberatung, die Betriebe dabei unterstützt, wie man Arbeitsplätze familientauglich gestalten kann oder zu Karenzmanagement. Es gibt Förderungen für die Beschäftigung von Frauen in nichttraditionellen Berufen. Wir unterstützen Kinderbetreuung in den Betrieben. Privatpersonen unterstützen wir bei Ausbildungen, Nachqualifizierungen und Beratung.

Sie haben es immer geschafft in Ihren Berufen erfolgreich zu sein. Was braucht es Ihrer Meinung nach dazu, als Frau erfolgreich zu sein?

Also zum einen muss mir der Job einem Spaß machen, sonst stelle ich mir das schwierig vor. Man muss Interesse haben und das Interesse auch zeigen, indem man aufzeigt, sich zu Wort meldet, mitdiskutiert, mitgestaltet und Vorschläge macht. Das ist eine wesentliche Voraussetzung. Aber es braucht auch die Rahmenbedingungen, die es Frauen genauso wie Männern erlauben, eine Familie neben dem Job zu haben. Und man nicht erwartet, dass jemand rund um die Uhr zur Verfügung steht. Was eh keiner tut, also auch keiner von den Top-Managern.