Blog | "100 Welten. 100 Sprachen. 100 Fragen"
100 Jahre Frauenwahlrecht: Bei zwei Workshops der Künstlerin Starsky steht das Thema Emanzipation im Mittelpunkt.
"Wir leben in HIStory und nicht HERstory"
100 - das war die ausschlaggebende Zahl vergangene Woche bei ABZ*AUSTRIA. Denn anlässlich von 100 Jahren Frauenwahlrecht veranstaltete die Künstlerin Starsky mit ihrem Team zwei Workshops für die Frauen des ABZ*AUSTRIA-Projekts "ABZ*Frauen Aktiv#Weiter", welches vom AMS Wien finanziert wird. Das Thema Emanzipation stand dabei im Mittelpunkt und eines können wir versichern: Die Teilnehmerinnen waren nicht nur brennend interessiert daran, Neues zu lernen, sondern hatten auch sehr viel zu sagen. Die MA57 – Frauenservice Wien ermöglichte diesen Workshop durch eine Förderung.
Viel zu sagen haben auch Tiana, Marlene, Edith und Julia vom Projekt "100 Welten.100 Sprachen. 100 Fragen". Das beweisen sie auch gleich, indem sie sofort in die Thematik eintauchen und den Teilnehmerinnen Kurzfilme ihrer Projekte zeigen. In den Videos sieht man Guerilla-Aktionen der Künstlerinnen, bei denen feministische Forderungen an verschiedene "Gebäude der Macht", wie sie es selbst bezeichnen, projiziert werden. Die Ausschnitte beeindrucken die Frauen sichtlich und feuern auch schon das Thema an. Bereits bei der Vorstellungsrunde geht es rund - im besten Sinne des Wortes. Alle Teilnehmerinnen, die heute gekommen sind, sind am Thema interessiert. Deswegen entsteht schon hier ein reger Austausch von Ansichten und Erfahrungen. "Jetzt ist es schon richtig losgegangen", sagt eine der Teilnehmerinnen lachend. Dabei diskutieren die Frauen immer auf Augenhöhe und nehmen die Erfahrungen und Ansichten der anderen Teilnehmerinnen stets ernst. So auch das Team von "100 Welten. 100 Sprachen. 100 Fragen". Sie haben den heutigen Tag ermöglicht und die Räumlichkeiten von ABZ*AUSTRIA in ein kreatives Paradies verwandelt. Vier verschiedene Stationen laden ein, sich gemeinsam Wünschen und Fragen zum Thema Emanzipation zu widmen. Dabei geben sie den Teilnehmerinnen einiges mit auf den Weg. "Wo findet überall Frauendiskriminierung statt? Feminismus kämpft für eine menschliche Zukunft."
Schilder mit Aufschriften basteln gehörte zu einer der Stationen, bei der sich die Frauen kreativ austoben konnten.
"Wir sind mutiger als Männer"
"Du kannst schreiben, du kannst malen, du kannst zeichnen" - diese Worte laden bei der "Analogen Station" dazu ein, sich kreativ auszutoben. Ob Collagen gestalten, malen oder andere künstlerische Ideen umsetzen, hier sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt. Das lassen sich die Frauen nicht zwei Mal sagen und beginnen schon vor Beginn des Workshops zu basteln. Goldene Girlanden, Schilder mit Aufschriften wie "in feminism we trust" oder "trau di" bis hin zu Papier-Geldscheinen. Bei der Trickfilm-Station können die Frauen verschiedene Bilder legen und sie anschließend fotografieren. Durch die Stop-Motion-Funktion entsteht so ein Kurzfilm und der Betrachter kann Schritt für Schritt zusehen, wie sich die Collage zusammensetzt. Auch bei der "Foto/Video Station" tanzen die kreativen Synapsen. Hier können sich die Teilnehmerinnen entweder selbst auf dem großen samtig roten Sessel fotografieren oder jemanden anderen ablichten. Besonders schön sind die Accessoires, die das Team zur Verfügung stellt. Hüte, Brillen, Glitzerschals, Plastiksäbel oder Perücken - hier kann man genüsslich in andere Rollen schlüpfen oder auch seine eigene Persönlichkeit unterstreichen. Wie sie die Angebote nutzt, ist jeder Frau selbst überlassen. Das Team achtet sehr darauf, den Frauen keine Grenzen zu setzen, sondern will die Kreativität jeder einzelnen fördern.
Bei der "Audio Station" sollten Fragen wie "Was ist Feminismus? Ist Feminismus notwendig? Wo fühlst du dich im täglichen Leben eingeschränkt? als Inspiration dienen.
"Männer haben Angst, dass wir uns zu schnell und zu weit entwickeln"
Eine Station hat es den Teilnehmerinnen an diesem Tag besonders angetan und das ist die "Audio Station". In dem kleinen aufgebauten "Tonstudio" können sich die Frauen hinters Mikrofon wagen und entweder ihre eigene Geschichte erzählen, eine Geschichte erfinden, ein Gespräch mit einer Kollegin führen oder sie nehmen sich den Text des aufgehängten Schildes zu Herzen "Du kannst machen, was du willst." Man merkt: Ein Mikrofon und Aufnahmegerät schüchtert ein wenig ein. Aber nur zu Beginn. Denn sobald eine den Anfang macht, ist das Eis gebrochen und eine spannende Eigendynamik entsteht. Was ist Feminismus für dich? Ist Feminismus notwendig? Wo fühlst du dich im täglichen Leben eingeschränkt? Das sind nur einige der Fragen, die das Kreativteam als Inspiration vorbereitet hat. Schnell entsteht der Modus, dass sich eine Frau hinters Mikrofon stellt und die anderen Teilnehmerinnen ihr Fragen stellen. Werden zu Beginn noch vorbereitete Fragen zu Hilfe genommen, werden diese mit jeder Runde individueller und man merkt, dass sich die Teilnehmerinnen brennend für die Ansichten der anderen interessieren. Mal wird zustimmend genickt, mal wird interessiert nachgefragt und einander gestärkt. Die einen erzählen sehr persönliche Geschichten, die die Zuhörerinnen berühren, die anderen philosophieren über die gesamtgesellschaftliche Entwicklung von Emanzipation. So unterschiedlich die Meinungen und der Umgang mit dem Thema Emanzipation der Frauen sind, eins eint sie, sie alle beschäftigt es und alle haben ihre Erfahrungen mit Benachteiligung oder Unterdrückung gemacht und sie sind interessiert daran, mehr zu erfahren. Besonders als sich die Teammitglieder von "100 Welten. 100 Sprachen. 100 Fragen" hinters Mikrofon stellen, sprudeln die Fragen nur so aus den Teilnehmerinnen heraus und sie sind kaum zu stoppen. Wann hat man denn schon die Gelegenheit, Emanzipationsexpertinnen in solch einem entspannten Rahmen zu treffen und sich auszutauschen. Die Chance will sich keine der Frauen entgehen lassen. Und auch dem Workshop-Team macht es sichtlich Spaß, sich mit den Frauen von ABZ*AUSTRIA auszutauschen.
So unterschiedlich die Meinungen und der Umgang mit dem Thema Emanzipation der Frauen sind, eins eint sie, sie alle beschäftigt es und alle haben ihre Erfahrungen mit Benachteiligung oder Unterdrückung gemacht.
Für eine menschliche Zukunft
Am Ende des Tages gehen alle mit einem Lächeln aus den Kreativräumlichkeiten. Die einen, weil sie Neues gelernt haben und sich austauschen konnten, die anderen, weil sie sich etwas von der Seele reden konnten und Frauen mit ähnlichen Erfahrungen kennengelernt haben. Und alle spüren es, dieses Gefühl von einer unausgesprochenen Gemeinschaft, die heute entstanden ist. Alle Anwesenden setzen sich auf ihre Art und Weise und in ihrem Wirkungsbereich für eine gerechtere Welt ein - oder sie haben fest vor, es ab morgen zu machen.