Unternehmer*innen Talk | Ich ma(g)ch Kinderbetreuung - Machst du mit?

12.11.2020 - 15:00 bis 16:00

Am 12. November 2020 fand eine Zoom-Veranstaltung zum Thema "Betriebliche Kinderbetreuung" statt. Die Veranstaltung wurde von ABZ*AUSTRIA als Kick-off-Veranstaltung mit dem Ziel des Austausches, der Ideenfindung und Networkings durchgeführt. Grundlage für diese Veranstaltung war eine Befragung, die ABZ*AUSTRIA Anfang des Jahres 2020 im Rahmen des Projektes KarenzAktiv durchgeführt hat.

Manuela Vollmann (ABZ*AUSTRIA) begrüßte die insgesamt 20 Teilnehmer*innen aus Wirtschaft und Netzwerkpartner*innen und betonte in ihren einführenden Worten die Bedeutung einer gut organisierten Kinderbetreuung beim Wiedereinstieg. Es sei schön zu sehen, dass es inzwischen so viele Initiativen gibt, die dieses Thema unterstützen und das auf unterschiedlichsten Ebenen. Die betriebliche Unterstützung sei ein wichtiger Bestandteil hierbei, weshalb sich unsere Veranstaltung, im Rahmen der Unternehmensarbeit von KarenzAktiv, diesem Thema widmete.

KarenzAktiv ist ein Projekt der Arbeiterkammer Vorarlberg, mit Unterstützung des Landes Vorarlberg und in Kooperation mit ABZ*AUSTRIA und richtet sich an Eltern mit aufrechtem Dienstverhältnis in Karenz, Unternehmen und Netzwerkpartner*innen. Ziel ist es, mittels individueller Beratung und Unterstützung bei der Planung und Rückkehr aus der Karenz Frauen, Männer und Paare bestmöglich bei den Herausforderungen des Wiedereinstiegs zu begleiten und somit Vereinbarkeit von Familie und Beruf aktiv zu fördern.

Im Zentrum des Talks stand die Präsentation von Frau Anna Schinnerl, Fa. Tectum GmbH, Hohenems, die uns ihre Kleinkindbetreuung T-Rex näher vorgestellt hat. Im Austausch danach wurden Ideen angesprochen, wie eine betriebliche Kinderbetreuung noch aussehen könnte bzw. was jetzt schon in den Unternehmen etabliert ist.

Präsentation Tectum

Fa. Tectum GmbH Hohenems ist eine Spenglerei und Bauwerksabdichter in Hohenems, ein Betrieb, der hauptsächlich Männer beschäftigt. Nichtsdestotrotz oder gerade deshalb haben sie sich als familienfreundliches Unternehmen zertifiziert. Auch in einem Männerbetrieb sei es ein großes Ereignis, wenn ein Baby auf die Welt kommt. Vor einigen Jahren noch war es unvorstellbar, dass ein Vater morgens anruft und ehrlich berichtet, dass sie eine schreckliche Nacht hatten, und er den Tag zu Hause bleiben möchte, damit seine Frau sich ausruhen könne. Lt. Frau Schinnerl sei für sie der zusätzliche freie Tag besser als einen unkonzentrierten, müden Vater im Betrieb zu haben, vor allem in einem Handwerksbetrieb.

Im Nachhinein gesehen waren sie lt. eigener Aussage etwas blauäugig an das Projekt herangegangen und hätten erst bei der Umsetzung festgestellt, was für Arbeit darin stecke. Jede*r Mitarbeiter*in zähle für sie und gerade in einem Handwerksbetrieb sei es wichtig, gute Mitarbeiter*innen zu finden und diese auch halten zu können. Eine eigene Kinderbetreuung spiele dabei eine große Rolle und sei ein großes Plus für den Betrieb. Als die Mitarbeiter*innen davon erfuhren, waren sie begeistert von dem Projekt. Die Vorstellung, dass sie in der Pause den Kindern beim Spielen zusehen können, wäre dann zwar doch etwas zu romantisch gewesen, jedoch seien die Väter sehr stolz darauf, dass sie die Kinder tagsüber mit in "ihren" Betrieb nehmen können.
Nachdem bekannt wurde, dass die Fa. Tectum eine Kinderbetreuung auf die Beine gestellt hat, hätte es sogar Spontanbewerbungen gegeben - und das in einem Metier, in dem Mitarbeiter*innen von Haus aus eher schwer zu finden seien.

"Technische Details"

  • Es handelt sich bei der Kindereinrichtung um eine Kooperation mit der Stadt Hohenems, d.h. die Kosten für das Gebäude, die Sanierung, die Einrichtung und das Spielzeug werden von der Fa. Tectum getragen und die Personalkosten von der Stadt Hohenems.
  • Jede Anmeldung läuft über die Stadt Hohenems.
  • Platz ist für 12 Kinder und 3 Betreuer*innen (der Schlüssel von 1:4 ist von der Stadt so vorgegeben).
  • 40% konnten durch Förderungen re-finanziert werden.
  • Jährlich kostet das Betreiben und Unterhalten der Kinderbetreuung aktuell ca. EUR 3.500,- Administrative Kosten fallen nicht an. Einzige Investition ist die persönliche Zeit, wie die freiwillige Teilnahme an Veranstaltungen (z.B. Elternabende)
  • T-Rex ist ganzjährig geöffnet, mit einer Woche Sommerferien
  • Flexiblere Konditionen für die Betreuungsplätze für Tectum-Mitarbeiter*innen
  • Im Moment ist die betriebliche Betreuung für alle kostenpflichtig, egal ob Mitarbeiter*in von Tectum oder "externe" Anmeldungen von der Stadt.

Feedback auf die im Talk gestellten Fragen

Wichtige erste Schritte

Der wichtigste erste Schritt, wenn man eine Kleinkindbetreuung aufstellen will, sei es, den geeigneten Betreiber zu suchen und sich die Form der Betreuung zu überlegen. Alternative wäre, einen eigenen Verein zu gründen und die Betreuung selbst in die Hand zu nehmen. Feedback von Frau Schinnerl: Sie haben sich allerdings dagegen entschieden, die Betreuung selbst in die Hand zu nehmen, da sie nicht über die nötige Expertise in Sachen Kinderbetreuung und den damit verbundenen Auflagen (Sicherheit, Hygiene, … ) verfügten. O-Ton: "Ein Wunder, dass unsere Kinder groß geworden sind, bei all dem, was sie selbst als Eltern nicht beachtet haben :-)"

Unterstützung

Die Stadt hat Fa. Tectum sehr bei der Umsetzung unterstützt - Unterstützung beim Bau, den Bauauflagen, den Einreichungen, von den Förderanträgen ganz zu schweigen.
Ideen zu anderen Formen von betrieblicher Unterstützung in der Kinderbetreuung
"Ankauf" von Ganz-Tages-Plätzen in einer Betreuungseinrichtung
Unternehmen "kaufen" Ganz-Tages-Plätze bei einer Betreuungseinrichtung für eine Zeit. Dies kompensiert die oftmals sehr langen und unflexiblen Anmeldefristen der Betreuungseinrichtungen.
Sommerbetreuung in Form von Sommercamps für die Zeit, in denen die öffentlichen Betreuungseinrichtungen geschlossen haben. Die Organisation kann entweder von dem Unternehmen selbst erfolgen oder als Beteiligung an bestehenden Camps in Form von Sponsoring.
Überbetrieblicher Verein Idee eines solchen Vereins ist es, dass sich kleinere Unternehmen zusammenschließen und so die Kinderbetreuung abdecken.

Kritischer Austausch

Kleinen Unternehmen sei es oftmals nicht möglich, eine Kinderbetreuung aufzustellen. Die Frage stelle sich, ob die Kinderbetreuung in die Hände der Unternehmen gehöre?
Um es auch den kleinen Unternehmen zu erleichtern gäbe es die Förderungen vom Land oder z.B. überbetriebliche Vereine, mit denen man sich zusammenschließen könne. Die Vorteile, angefangen von Mitarbeiter-Bindung bis hin zum Senken von Kosten und Effizienz-Steigerung wurden dem gegenübergestellt und seien alle Kosten und Mühen wert.

Anregungen zu weiteren Themen, die wir im Zuge der Unternehmensarbeit gerne aufnehmen:

  • Väterkarenz
  • Arbeitszeitmodelle
  • Arbeitszeitreduktion
  • HomeOffice

Die Veranstaltung endete mit einem Ausblick auf das Projekt KarenzAktiv 2021.

Angebot eines "Casemanagements Kinderbetreuung"

ABZ*AUSTRIA unterstützt im Rahmen von KarenzAktiv die Kund*innen dabei, individuell passende Kinderbetreuung zu identifizieren und zu organisieren und begleitet somit die Eltern bestmöglich bei den Herausforderungen des beruflichen Wiedereinstiegs.

Hierfür werden

  • die Anforderungen der Familie erfasst,
  • die Rahmenbedingungen geklärt (inkl. Ferienbetreuung),
  • die Ressourcen erhoben (familiäre Betreuungslösungen),
  • passende Angebote recherchiert, evaluiert und individuelle Lösungen erarbeitet,
  • bei Bedarf in Folge der Erstkontakt hergestellt und schließlich
  • finanzielle Förderungsmöglichkeiten besprochen.

Unternehmer*innen-Befragung zu Vereinbarkeit

Von den 670 befragten Unternehmen haben 123 teilgenommen, größtenteils (87%) KMUs aus den Branchen (gerankt nach Teilnahme) Tourismus, Handel, Industrie, Dienstleistung, Handwerk, Technik, IT, Bau und Banken/Versicherungen. Das Rheintal war selbstverständlich hierbei das am stärksten vertretene Gebiet, sowohl in der Kontaktaufnahme als auch in der Teilnahme.

Zwei Hauptpunkte wurden klar von den Unternehmer*innen definiert, die sie sich von Sozialpartner und Land verstärkt erwarten und wünschen:

  • Öffentlichkeitsarbeit / Information (Role Models – Stichwort: Kultur des Scheiterns)
  • Unterstützung bei der Kinderbetreuung

Außerdem konnten Schlagworte identifiziert und "in bereits erfolgreich in den Unternehmen umgesetzt" und "in welchen Bereichen gibt es noch Potenzial" aufgeteilt werden. Falls an den Detailergebnissen Interesse besteht, wenden Sie sich gerne an das Team von KarenzAktiv.