Gegenwartsgespräche | Bundesministerin Leonore Gewessler
Am 28.06.2021 fand das vierte ABZ*AUSTRIA Gegenwartsgespräch statt. Bei der gewohnt gut besuchten virtuellen Veranstaltung war diesmal Bundesministerin Leonore Gewessler zu Gast. Mit ihrer Key Note zum Thema "Wie kann Klimaschutz die Gleichstellung von Frauen und Männern vorantreiben?" gab sie einen guten Einblick über die vielen unterschiedlichen Aspekte, die es zu beachten gibt, um die nächsten notwendigen Schritte in eine gerechtere und klimatechnisch positivere Zukunft zu gehen.
Bundesministerin Gewessler freute sich im Rahmen der Gegenwartsgespräche von ABZ*AUSTRIA dabei zu sein und bedankte sich einleitend bei den Gastgeberinnen Manuela Vollmann und Daniela Schallert für ihre unermüdliche Arbeit für Gleichstellung am Arbeitsmarkt und in der Gesellschaft. Gleich zu Beginn betont sie, dass Gleichstellung von Frauen und Männern nicht nur eine Chance in Zusammenhang mit erfolgreichem Klimaschutz ist, sondern vielmehr eine Notwendigkeit.
Die einleitende Mentimeter Umfrage zeigte, dass auch das Publikum die Frage, ob Klimaschutz die Gleichstellung von Frauen und Männern vorantreiben kann, mit großer Mehrheit mit einem "Ja" beantwortete.
Klimaschutz muss Gleichstellung vorantreiben, sagt Bundesministerin Gewessler und betont, dass wir uns anders schlichtweg nicht leisten können. Zukunft muss gestaltet werden, in dem wir massiv CO2 einsparen und somit die Zerstörung unserer Lebensgrundlage zu verhindern. Gewessler betont aber, dass uns das nur gelingen wird, wenn Klimaschutz auch dazu beiträgt, dass unsere Gesellschaft solidarischer, gerechter und demokratischer wird. Das geht wiederum nur, so erläutert die Ministerin weiter, wenn wir unsere europäischen Grundwerte voranbringen: Menschenwürde und Menschenrechte, Freiheit, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und selbstverständlich Gleichheit.
Krisen verstärken bestehende Ungleichheitsmuster weiß auch Leonore Gewessler und betont, was uns die Corona Krise diesbezüglich deutlich gezeigt hat: Die ungleiche Verteilung von Care-Arbeit in der Gesellschaft, wirkt sich vermehrt aus, wenn institutionalisierte Betreuungsangebote ausfallen und Frauen in den Sektoren beschäftigt sind, die besonders belastet sind. Dazu kommt dann noch im Nachgang der Krise die hohe Arbeitslosigkeit in Branchen, in den Frauen überproportional beschäftigt sind, wie in der Gastronomie und im Tourismus. Und auch die Auswirkungen der Klimakrise betreffen Menschen ungleich und betreffen Frauen stärker. Im globalen Süden, in jenen Ländern, die die Auswirkungen der Klimakrise als erstes stark spüren, sind Frauen besonders betroffen, da sie oft für die Ernährung ihrer Familien fast alleine zuständig sind und auf Grund von Ernteausfällen durch Naturkatastrophen besonders stark belastet werden.
Bundesministerin Gewessler betont, dass wir es uns nicht leisten können, einerseits Lösungen für alle finden, entwickeln und gestalten zu wollen und andererseites auf die Arbeit und Unterstützung von 50 % der Weltbevölkerung, nämlich der von Frauen, zu verzichten.
Um bis 2040 klimaneutral zu sein und fossile Energien der Vergangenheit angehören zu lassen, muss die Wirtschaft umgebaut und Lebensgewohnheiten verändert werden. Essentiell dabei ist die soziale Frage beim Umbau unseres Landes mitzudenken und auf dem Gleichstellungsauge nicht blind zu sein, erläutert Gewessler und betont, wie wichtig es sein wird, das Leitbild der europäischen Union „to leave no one behind“ nicht zu einer Überschrift verkommen zu lassen. Das geht allerdings nur, wenn an diesem Vorhaben die besten Köpfe an Lösungen arbeiten. Fakt ist allerdings: nur 2 von 10 Beschäftigten im Energiebereich sind weiblich und nur 17% derjenigen, die ein entsprechendes Studium beginnen sind Frauen. Im Mobilitätsbereich und in der Innovation sieht es laut der Bundesministerin nicht viel anders aus. Sie betont, dass es hier Veränderung braucht, da auf die Expertise und das Engagement von Frauen in der Klimawende nicht verzichtet werden kann. Wir brauchen Frauen auf allen Ebenen der Entscheidungsfindung und gesellschaftlichen Arbeit. Gewessler erklärt es an einem Beispiel aus dem Mobilitätsbereich und erläutert, dass wir Frauen nicht nur im Personalbereich, im Kundenservice und in der Kommunikation brauchen, sondern auch in der Infrastrukturplanung, im Bau und in der Entwicklung von Mobilitätslösungen. Im Mobilitätsbereich ist bekannt, dass Frauen andere Wegketten und eine Vielzahl von Verbindungen haben und anders mobil sind als Männer. Gleichzeitig trifft Mobilitätsarmut vor allem Frauen im ländlichen Bereich. Um diesen Umständen Rechnung zu tragen, ist es laut Bundesministerin Gewessler besonders wichtig, dass wir all das auch in der Entscheidungsfindung, in der Planung und in unserem Zugang zum Mobilitätsbereich präsent haben. Dazu braucht es Frauen in den Entscheidungsebenen und in den Führungsebenen.
Wir müssen zukunftsträchtige Karrierewege für Frauen voranbringen, Frauen sichtbar machen und als Vorbilder vor den Vorhang holen. Gewessler betont, dass sie Karrierenetzwerke aktiv fördert wie z.B. women in transport, women in aerospace, Clean Energie Education Empowerment (C3E). Der Förderschwerpunkt "Talente" des BMK unterstützt in der Förderlinie "FEMtech Karriere" Organisationen bei der Umsetzung von Maßnahmen für Frauenförderung und Chancengleichheit.
Besonders wichtig ist es auch Schüler*innen für den Forschungs- und Innovationsbereich zu begeistern. Weiters ist es ihr wichtig, dass Bewertungskriterien bei der Vergabe von Forschungsprojekten den Anteil der Frauen im Forschungsteam und den Anteil der Frauen als Projektleitungen miteinbeziehen. Manuela Vollmann betont abschließend außerdem noch die besondere Bedeutung der „Just transition“ Arbeitsgruppe im Ministerium, die auch für die Zivilgesellschaft die Möglichkeit bietet, Prozesse mitzugestalten und Ideen einzubringen und freut sich, dass ABZ*AUSTRIA dabein sein kann.
Manuela Vollmann bedankt sich für die Leidenschaft und Kompetenz mit der Leonore Gewessler ihre umwelt- und gesellschaftspoltischen Ziele verfolgt. Klimaschutz und Gleichstellung verbinden und gemeinsam gestalten kann man am Besten, wenn man über Silos hinweg zusammenarbeitet, wissen sowohl Bundesministerin Gewessler als auch die beiden Geschäftsführerinnen von ABZ*AUSTRIA Daniela Schallert und Manuela Vollmann.